
DG7ACF/p auf DM/NS-129 beim ersten 6 m-S2S in DL (Gegenstation DL1CR/p)
Von deutschen Draußenfunkern werden die beiden Bänder 6 m und 4 m kaum beachtet. Grund dafür dürfte ein Missverständnis sein, dass "Portabelbetrieb" im Sinne des Amateurfunks und der praktischen Rufzeichenanwendung ("Strich-portabel") mit der gesetzlichen Definition einer ortsfesten Funkstelle nicht vereinbar sei. Ist es aber und ich möchte den Fokus dieses Beitrags nicht darauf legen. Also bitte selbst diese Quellen suchen und lesen:
* BNetzA Verfügung 127/2020
* Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV), § 2 Abs. 1 und 2
* Amateurfunkverordnung § 9 Abs. 4
* Informationen der BNetzA zur Anzeigepflicht nach §9 Abs. 4 AFuV
Hier wird also über die kurzzeitige (d.h. ein Zeitraum kürzer als drei Monate) Verlegung des Betriebsortes einer festen Funkstelle und Erfahrungen auf 50 MHz und 70 MHz berichtet.
Die Sporadic-E-Saison ist im im vollen Gange und nahezu täglich sind europäische Es-Verbindungen auf 50 MHz möglich. Mit dem steigenden Sonnenfleckenzyklus wird in den kommenden Jahren auch F-Ausbreitung immer wahrscheinlicher. Zudem gibt es wie für alle UKW-Bänder monatliche europäische Aktivitätsabende: Auf 50 MHz am zweiten Donnerstag und auf 70 MHz am dritten Donnerstag jedes Monats.

DM/NS-135
Ich hatte keinen Ahnung, ob oder wie lange eine Aktivierung am 6 m-Donnerstag Spaß machen würde, aber das Wetter und die Aussicht am 2. Donnerstag im Juni waren perfekt, also habe ich meine Sachen gepackt und bin auf den Lauensteiner Kopf DM/NS-135 im Ith gestiefelt. Mein Freund Lacki DC1AP hat zeitgleich die wenige Kilometer entfernten Ithwiesen DA/NI-358 aktiviert. Meine Station war alles andere als eine Big Gun, aber den Erfahrungen mit Sporadic-Öffnungen auf 10 m sollten die 10 W des IC-705 und eine auf der Spitze stehende Delta Loop mehr als ausreichend sein. Falls das Band sich öffnet.

Eine Delta Loop kann man übrigens prima direkt mit 50 Ohm-Koax und einer Mantelwellensperre speisen, wenn man die Seitenverhältnisse richtig wählt, in diesem Fall waren es ca. 183 cm für den horizontalen Teil.
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Zurück zum 6 m-Band, das sich tatsächlich öffnete. Nachdem Lacki und ich unsere treuen hannöverschen Homies, die mir bei Bergaktivierungen eigentlich immer mindestens die vier nötigen QSOs bringen, gearbeitet hatten, waren zuerst haufenweise Italiener zu hören. Die haben aber nur lokale QSOs geführt und wir waren wohl zu leise, um dazwischen zu kommen. Als 'regular SOTA chaser' kam im Verlauf des Abends -wer auch sonst- EA2DT in mein Log. Etliche DXCC quer durch Europa wurden noch gearbeitet, aber leider keine nordische Station. So blieb die Logberechtigung für den NAC verwehrt. War aber trotzdem ein geiler Abend.

Wenn das so gut auf 50 MHz geht, muss das doch auch auf 70 MHz gehen!
Gesägt, tun getan, am dritten Juni-Donnerstag fix so etwa 4,3 m Draht abgelängt (wieder zur auf der Spitze stehenden Delta Loop geformt, horizontaler Teil diesmal ca. 100 cm für direkte Speisung), den IC-7300 in den Rucksack gepackt und festgestellt, dass das Handmikrofon im hannöverschen Shack liegt. Der IC-7300 und ich waren aber im Jenaer QTH. Und weil er der einzige TRX mit 70 MHz zur Hand war, musste ich wohl oder übel das SM30-Tischmikrofon mit auf den Berg nehmen. Klingt blöd, ging aber ganz gut, obwohl ich froh war, dass mich keiner mit dem Tischmic auf der Parkbank gesehen hat.
Wegen der Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke wurde nicht der Jenaer Hausberg Windknollen DA/TH-794, sondern der Tatzend DA/TH-918 gewählt. Denn dort kann man bis in die Aktivierungszone fahren, was die Menge mitzunehmender Kaltgetränke und fließenden Schweißes beim Aufstieg drastisch reduzierte. Die Aktivierungszone des Tatzend ist riesig, weil quasi ein Hochplateau, und ich habe es mir auf dem alten Kernwaffenbunker der Russenkaserne im Jenaer Forst gemütlich gemacht. Der Ort bietet einen guten Take-Off und nebenbei auch den bestmöglichen Ausblick.

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DA/TH-918 am 4 m-Donnerstag
Voller Freude schalte ich die Station ein und höre
nichts.
Hm, das hatte ich mir anders vorgestellt. Ab und an tauchen eine OZ- und eine EI-Bake abwechselnd aus dem Rauschen auf und verschwinden genau so unvermittelt wieder. Sonst nix.
Plötzlich geht das Band auf, aber leider nicht wie gewünscht: OIRT! Es gibt tatsächlich noch Radiostationen, die in diesem Bereich aus Sowjetzeiten senden und mir das ganze Band zusplattern. Auch das habe ich mir so nicht vorgestellt und bin kurz davor, alles wieder einzupacken und den Aktivierungsfrust zu Hause in ein bis zwei kühlen Jenaer Schellenbier zu ertränken. Doch Schlag 1900z fällt der Eiserne Vorhang wieder, die OIRT-Stationen verstummen und aus Großbritannien kommen laute UKAC-Signale. Zuerst außerhalb des in DL erlaubten Bereiches, aber nachdem eine EI- ind eine GM-Station gearbeitet wurden, habe ich selbst CQ gerufen und damit ein kleines Pile Up erzeugt. So wurde der Abend dann doch noch ein Erfolg, auch wenn diesmal wieder keine nordischen Stationen ins Log kamen.

Am 27. Juni wollte ich es dann aber wirklich wissen. In UK liefen die 70 MHz Cumulatives von 1400-1600z. Diesmal war ich auf dem Jenaer Hausberg Windknollen DA/TH-794 und zuversichtlich, nebenbei noch 5 Go-Green-Xota-Punkte einzusammeln.
Wurde natürlich nix. Zwei Stationen aus Nord-UK wurden gehört, eine aus Schottland und eine aus North Yorkshire. Komplette QSOs Fehlanzeige, wie auch, wenn die Bursts gerade mal lang genug für ein Rufzeichen und "CQ" waren. Die Bursts lagen vermutlich an Meteoren, denn das Maximum der Beta-Tauriden war am drauffolgenden Tag. Kein QSO komplettiert und keine 5 Grünpunkte eingesammelt, aber die Erkenntnis gewonnen, dass 70 MHz offenbar nicht nur bei Es brauchbar ist, sondern dass auch Meteorscatter Spaß machen könnte. Das werde ich weiter erforschen, so viel ist sicher.
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Fazit: 50 MHz und 70 MHz sind Sommerspaßbänder in der Es-Saison bei geringem Aufwand und bieten mit dem bevorstehenden Perseidenmaximum um den 12. August hoffentlich auch dolle MS-Möglichkeiten auf SSB. Nur wenn man unbedingt vier QSOs für Bergpunkte zusammenbekommen will, sollte man ggf. noch eine Antenne für ein "sicheres" Band dabei haben. Oder vier Homies stand-by haben, die einem zu den entsprechenden QSOs helfen. Kann ja sein, dass unser Schutzpatron, der heilige Maximilian gerade einem anderen OM helfen muss und sich während der Aktivierung keine Es-Öffnung ergibt. Oder man hat genug Chaser in der Nähe, die einem zur Not vier QSOs bringen.